Welcher Islam?

Die Religionsfreiheit und ihre Grenzen

„Der Islam gehört zu Deutschland.“ Bundespräsident Christian Wulff stieß mit diesem Satz noch auf massive Vorbehalte im konservativen Lager. Als Bundeskanzlerin Angela Merkel den Satz jetzt – sehr bewusst nach den Pariser Mordanschlägen – wiederholte, hielt sich der Widerspruch schon in deutlich gemäßigteren Grenzen. Zeit also, über die eigene Position nachzudenken und vielleicht zu neuen, differenzierten Erkenntnissen zu kommen.

Zunächst also: In Deutschland leben heute rund vier Millionen Muslime, großenteils mit Migrationshintergrund, nahezu alle entweder mit deutschen Pass oder zumindest dauerhafter Aufenthaltsgenehmigung. Dass diese Menschen, immerhin ein Fünftel der Gesamtbevölkerung, zum Deutschland von heute gehören, steht überhaupt nicht in Zweifel.

Damit aber gehört auch die Religion, die sie ausüben, zum heutigen Deutschland. Sie steht unter demselben Schutz unseres Rechtsstaats wie jede andere Religionsgemeinschaft. Allerdings unterliegt sie auch denselben Pflichten. Im Klartext: Der Islam, der zu Deutschland gehören will (und das dann auch soll), hat sich ohne jede Einschränkung an die hier geltenden Gesetze zu halten, er hat unseren Rechtsrahmen ebenso zu respektieren wie christliche und jüdische Gemeinden, wie Sekten, Anhänger exotischer Glaubensrichtungen und Atheisten.

Auf dieser Basis hat einst Friedrich der Große verfügt, ein jeder solle „nach seiner Façon selig“ werden, und nur auf dieser Basis kann das Zusammenleben in unserem Gemeinwesen funktionieren. Die Balance geht auf gefährliche Weise verloren, wenn eine Glaubens- oder Weltanschauungsrichtung entweder sich anmaßt, über allen anderen und über dem staatlichen Gesetz zu stehen, oder wenn eine von ihnen ausgesondert, für nicht dazugehörig und nicht schützenswert erklärt wird.

In diesem Sinne gehört der Islam, so wie er sich in den Tagen nach den Pariser Anschlägen darstellte, zum Deutschland des 21. Jahrhunderts. Genauso deutlich aber muss man festhalten: Der Islam, auf den sich blutrünstige Terroristen berufen, gehört nicht zu Deutschland, nicht zu Europa. Im Gegenteil, er gehört weltweit geächtet, von allen, die guten Glaubens sind, in welcher religiösen Form auch immer.

Und dazu muss man auch den Islam zählen, wie er großenteil in jenen Ländern praktiziert wird, in denen er quasi an der Macht ist, in denen weltliches Recht und Scharia eins sind, in denen man sich heute noch auf Schriften aus düsterer Vorzeit beruft, um Menschenrechte mit Füßen zu treten, in denen Terroristen zu Helden und Vollstreckern göttlichen Willens hochstilisiert werden, in denen man aber keinerlei Mitgefühl mit unschuldigen Opfern empfindet – sie sind eben ungläubig und damit Freiwild!

Es ist allzu billig, zu sagen, das alles habe „mit dem Islam nichts zu tun“. Es hat nicht nur damit zu tun, es ist ein Teil des Islam. Umso wichtiger ist es, dass sich jener andere Islam, wie er sich hier in Europa etabliert hat, noch entschiedener abgrenzt und zur Wehr setzt – gegen islamistischen Terror, gegen einen Islam, der sich als Staatsreligion zum machterhaltenden Büttel tyrannischer Regime macht, aber auch gegen alle Versuche, hier in Europa Parallelgesellschaften aufzubauen.

Dass es auf beiden Seiten hier Nachholbedarf gab und immer noch gibt, ist wohl nicht zu bezweifeln. Die Mehrheit der Pegida-Marschierer wollte offenbar auf diese Defizite hinweisen (so wie einst die Ur-Grünen Defizite in der Umweltpolitik bewusst machen wollten). Dieses Ziel ist erreicht, das Thema liegt auf dem Tisch, wozu auch Pegida beigetragen hat. Die Besorgten, Verängstigten, sich unverstanden Fühlenden sollten nun zu Hause bleiben und aufmerksam beobachten, wie Politik und Medien nun das, was angestoßen wurde, umsetzen. Und die Minderheit schreiender Ultras, aus welcher Ecke auch immer, die den „Wutbürger“ vor sich hertreiben, um in seinem Windschatten ihre eigenen, ganz anderen Ziele zu verfolgen – die sollen erst recht zu Hause bleiben. Sie haben unser Land bereits genug blamiert. H.S.